Heisels „Fafnir” übertrumpfte Weisbrods Benz

Franz Josef Heisel am Steuer seines Fahrzeugs. Historische Fotografie.
Franz Josef Heisel am Steuer seines „Fafnir” aus der Aachener Stahlwarenfabrik Carl Schwanenmeyer. Beifahrer ist Schuhmachermeister Michael Glaser, dessen Tochter Luise Schmalt ganz hinten im Wagen sitzt. Bild: Stadtarchiv

von Heinz Keller

Alle Beiträge in diesem Zeitungsarchiv sind erstmals in den Weinheimer Nachrichten erschienen. Die Veröffentlichung auf der Internetseite des Weinheimer Museums erfolgt mit der Zustimmung der DiesbachMedien GmbH.

Die Geschichte des Automobils begann in Weinheim am 12. Mai 1901. Damals meldete Karl Weisbrod, Mitbegründer der Gummiwarenfabrik Weisbrod & Seifert, der späteren, heute nicht mehr bestehenden Weinheimer Gummiwerke, beim Bezirksamt den ersten Personen-Kraftwagen in Weinheim an: einen 385 Kilo schweren, 3,5 PS starken Benz. Das ließ Franz Josef Heidel, den Besitzer des Stahlbads, nicht ruhen, denn der passionierte Hochradfahrer und Gründer mehrerer Radfahrer-Vereine in der Region, hatte auch an dem jungen Automobilsport Interesse gefunden. Wenige Tage nach Weisbrod meldete er beim Bezirksamt einen 4 PS starken Kraftwagen Fafnir, benannt nach dem feuerspeienden Drachen aus der Nibelungensage, an, der den Benz von Weisbrod in allem übertrumpfte: 0,5 PS stärker und 15 Kilogramm schwerer.

Beide Fahrzeuge waren eine Sensation in Weinheim und versetzten das Bezirksamt in Aufregung: beim Straßen- und Wasserbauamt Heidelberg musste die Genehmigung eingeholt werden, dass zunächst Weisbrod die Straßen benutzen durfte. Heisel brauchte dann eine zusätzliche Fahrerlaubnis, weil bis dahin nur Benz-Wagen eine Fahrberechtigung auf den Straßen hatten. Beide Automobilisten mussten ihren vollen Namen und den Wohnort am Fahrzeug sichtbar anzeigen.

Im Jahre 1901 hat das Automobil offensichtlich und unüberhörbar in Weinheim seinen Einzug gehalten, denn im September heulte im Schlosshof ein Motor auf, der alle bisherigen überdröhnte. Siegmund von Berckheim, vom badischen Großherzog gerade in den Grafenstand erhoben, hatte einen 9 PS starken Wagen aus elsässischer Produktion erworben, der angeblich 11.000 Kilogramm schwer war. Die Furcht der Gendarmen vor diesem Ungetüm war allerdings unbegründet: beim Anmelden des „De Dietrich” hatte der Graf bei der Gewichtsangabe eine Null zu viel geschrieben. Der Wagen aus der Niederbronner Automobilfabrik von Eugene de Dietrich wog lediglich 1.100 Kilo.

Freifrau von Ketteler, geborene Wambolt von Umstadt, war die erste Autofahrerin in Weinheim. Sie besaß einen 7-PS-Benz „mit Rücklauf”. Er war ihr aber zu langsam und deshalb verkaufte sie ihn noch 1901 an den in der Maschinenfabrik Badenia tätigen rumänischen Ingenieur Andrescu und erwarb selbst einen nun 24 PS starken Wagen.

In Großsachsen fuhr Dr. Probeck das erste Automobil, einenn3,5 PS starken Wagen mit der Maximalgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. 1903 kaufte der Heddesheimer Landmaschinenhändler Albert Schmitt einen 4-PS-Benz

Etwa zur gleichen Zeit tauchten in Weinheim die ersten Motorräder auf. Der auffälligste Fahrer war Bezirkstierarzt Dr. Marquart, der sein anderthalb PS starkes Gefährt oft nicht allein dort anhalten konnte, wo es stoppen sollte, und häufig von Passanten „abgefangen” werden musste.

1903, so wird berichtet, fuhr der Weinheimer Automobilfachmann Georg Ebert, Begründer des heute noch am Händelknoten bestehende n Autohauses Ebert, mit einem 4 PS starken, zweizylindrigen Motorrad mit Magnetlichtboden-Zündung auf den Wachenberg. Er muss dazu die alten Hohl- und Waldwege benutzt haben, denn es gab ja noch keine Wachenbergstraße und keine Wachenburg.

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