Werner Andreas Albert

Von Weinheim aus die Welt musikalisch erobert

Werner Andreas Albert
Werner Andreas Albert

von Heinz Keller

Als „Anwalt der Komponisten am Rande des Repertoires” würdigte ihn der Bayerische Rundfunk in einem Nachruf, als „einen Ausnahme-Dirigenten und einen der sicherlich am meisten unterschätzten Dirigenten unserer Zeit” bezeichnete ihn der Musikkritiker und Buchautor Dr. Rainer Aschemeier. Die ehrenden Worte galten Professor Dr. h.c. Werner Andreas Albert. Der gebürtige Weinheimer ist am 10. November 2019 in seiner australischen Wahlheimat Brisbane im Alter von 84 Jahren verstorben. Die Urne wurde in Weinheim beigesetzt. Von seiner Geburtsstadt aus hat Werner Andreas Albert die Welt musikalisch erobert, zu seinen Wurzeln aber hat er sich immer bekannt.

Start in Weinheim

Der Musikunterricht bei Fritz Oberst am heutigen Werner-Heisenberg-Gymnasium, die Gründung des Weinheimer Kammerorchesters und 1958 der erste, von viel Beifall begleitete Auftritt mit ihm spielten in den Gesprächen mit dem weltweit tätigen Dirigenten stets eine wichtige Rolle. Das waren die Anfänge seiner bemerkenswerten Karriere.

Nach dem Abitur am Gymnasium und dem Studium von Geschichte, Musikwissenschaft und Schulmusik in Heidelberg fand Werner A. Albert seine wichtigsten Lehrer in Herbert von Karajan und Hans Rosbaud. Von 1961 an, als er in Mannheim ein spektakuläres Dirigentendebüt mit dem Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks und Yehudi Menuhin als Solisten in Beethovens Violinkonzert gab, hatte Albert Chefdirigenten-Positionen bei der Nordwestdeutschen Philharmonie, dem Gulbenkian-Orchester in Lissabon und den Nürnberger Sinfonikern. Ab 1983 leitete er eines der sechs Symphonieorchester des Australischen Rundfunks, das Queensland Symphonie Orchestra in Brisbane.

Mehr als 500 Werke eingespielt

Der junge Albert
Der junge Albert

Im ständigen Austausch mit dem deutschen Musikbetrieb und durch regelmäßige Verpflichtungen bei den Rundfunkanstalten in Köln, München, Berlin und Frankfurt hat sich Werner Albert ein außergewöhnlich breit gefächertes Repertoire erworben: von den Werken zu Unrecht vergessener Musik bis zu den Komponisten der musikalischen Avantgarde. „Ich versuche, Musikwerke einzuspielen, die selten auf Konzertprogrammen stehen und dennoch große Musik sind”, erklärte W.A. Albert seine jährliche Arbeit in Deutschland, wo er in den Rundfunkanstalten der ARD der Orchesterleiter mit den meisten Platten- und CD-Einspielungen wurde. Allein für den WDR hat er in einer mehr als 40-jährigen Zusammenarbeit über 500 Werke aufgenommen. „Ich wollte immer neugierig machen auf die zu Unrecht vergessene, auch avantgardistische Musik”, bekannte Albert beim letzten Gespräch mit den „Weinheimer Nachrichten“.

Bei der Besprechung der von Werner A. Albert 2011 mit der Deutschen Radio Philharmonie aufgenommenen Orchesterwerke von Harald Genzmer, des wichtigsten Hindemith-Schülers, schrieb der Musikkritiker Dr. Rainer Aschemeier: „Noch nie, wirklich noch nie, habe ich eine schlechte Einspielung von Albert gehört”, doch leider stehe die Qualität seiner Dirigate und der Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung in keinem Verhältnis.

Die künstlerische Bedeutung

Dabei ist die künstlerische Bedeutung des Albert’schen Schaffens höchst eindrucksvoll: mit drei australischen Orchestern hat er das orchestrale Gesamtwerk von Paul Hindemith aufgenommen, mit der Nordwestdeutschen Philharmonie das Gesamtwerk von Erich Wolfgang Korngold, mit den Bamberger Symphonikern und den Münchner Philharmonikern alle Orchesterwerke von Hans Pfitzner, mit dem Queensland Symphony Orchestra das Gesamtwerk von Benjamin Frankel.

Die Aufnahmestudios waren das eine, die Konzertsäle und Opernhäuser in aller Welt das andere im Leben des Dirigenten mit den zwei Wohnsitzen in Nürnberg und Brisbane und den zwei Staatsbürgerschaften. Ab 2007 war Werner A. Albert ständiger Gastdirigent des Tokio City Sinfonieorchesters und des New Japan Philharmonic Orchestra. Fast jedes Jahr flog er auch nach China mit dem Auftrag, chinesische Musiker mit Orchesterkultur westlicher Prägung und den Werken deutscher Komponisten vertraut zu machen. Zweimal im Jahr reiste Albert nach Neuseeland zu Konzerten in Auckland, Wellington und Dunedin, wo er das südlichste Orchester der Welt leitete. Und natürlich Australiern, seine Wahlheimat. Seit 1981 lebte W.A. Albert auf dem Fünften Kontinent. 1983 wurde er Chefdirigent des Queensland Symphony Orchestra, 1983 auch des privaten Queensland Philharmonic Orchestra.

Konzert für die Queen

Werner Andreas Albert mit dem Queensland Symphony Orchestra
Mit dem Queensland Symphony Orchestra

Zwei besondere Ereignisse in Alberts Leben hatten direkt mit Brisbane, der Hauptstadt des australischen Bundesstaates Queensland, zu tun: 1988 dirigierte er das Festkonzert zum Besuch der englischen Königin aus Anlass der Weltausstellung in Brisbane, und 2011 bedankte er sich für die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität von Queensland mit Werken von Beethoven, Hindemith und Mozart, einem musikalischen Gruß aus seinem Heimatland, wo er 25 Jahre das Bayerische Landesjugendorchester leitete und zu seinem Ehrendirigent wurde, wo er als Professor am Meistersinger-Konservatorium in Nürnberg und an der Musikhochschule Nürnberg-Augsburg junge Dirigenten begleitete.

Die Bundesrepublik Deutschland hat das internationale Wirken Werner Andreas Alberts mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gewürdigt, die Bayerische Staatsregierung verlieh ihm den Bayerischen Verdienstorden.

Der Bayerische Rundfunk ehrte den verstorbenen Dirigenten mit den Sondersendungen „Philharmonie“ und „On stage, in Nürnberg fand eine Gedenkveranstaltung für Werner Andreas Albert statt. (2019)